Von Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse, Baader Bank

Aus Angst vor der Zinswende führte Gold seit Frühsommer ein Schattendasein. Mittlerweile jedoch hat das Edelmetall seine Schwäche beendet. Angesichts des hohen Inflationsdrucks, der geldpolitisch bislang nicht ernsthaft bekämpft wird, ist seine Werterhaltungsfunktion begehrt. Ohnehin sind Krisen nicht ausgestorben: Überschuldungsängste und coronale Konjunkturgefahren bleiben Evergreens. Doch wie nachhaltig ist die Goldpreis-Erholung?

Wird die Zinspolitik zum Brunnenvergifter für Gold?

Hohe Energiepreise und gestörte Lieferketten sorgen derzeit für extrem hohen Inflationsdruck, der reflexartig Ängste vor Liquiditätsdrosselungen und Leitzinserhöhungen der Notenbanken aufkommen lässt. Tatsächlich hat sich das Volumen negativ verzinster Anleihen weltweit von seinem Höhepunkt während der Corona-Krise deutlich zurückgebildet. Das einstige Killerargument gegen Gold – es zahle keine Zinsen – erhält insofern wieder etwas mehr Gewicht, was dem Goldpreis in diesem Jahr in der Tat eindeutig Schwung genommen hat.

Dennoch, der Umfang von Anleihen mit Halteprämien ist nach wie vor beträchtlich. Überhaupt scheinen die Zinserhöhungsängste bei näherer Betrachtung immer weniger zu verfangen. Schließlich muss dabei auch die Inflation Berücksichtigung finden.

Auf beiden Seiten des Atlantiks legt man nämlich Wert darauf, dass die Inflation oberhalb der Leitzinsen bzw. Anleiherenditen bleibt, damit der Entschuldungseffekt greifen kann. Die massiven Staatsverschuldungen müssen weginflationiert werden, um ihre Tragfähigkeit künstlich zu erhalten. Und der grüne Umbau der Volkswirtschaften, die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Zusammenhalt Europas lassen keine Hoffnung aufkommen, dass neue Schulden zu einer aussterbenden Spezies werden.

Zwar räumte EZB-Chefin Lagarde zuletzt vor dem EU-Parlament ein, dass es wohl länger dauern werde als ursprünglich gedacht, bis die Inflation wieder zurückgehe. Dennoch hält sie am Narrativ „transitorischer“ Inflation fest. Und wenn sie kürzlich sagte, die Preissteigerung werde mittelfristig wieder unter dem Zielwert von zwei Prozent liegen, ist jede Frage nach wirklich restriktiver Zinspolitik klar beantwortet. Ohnehin betonte sie die von höheren Zinsen ausgehende Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung. Insgesamt, die Zinsen werden auch zukünftig keine Gold-Feinde werden, selbst wenn die Realzinsen weniger negativ sind.

Grundsätzlich ist Gold aus Inflationssicht dramatisch unterbewertet. Nimmt man den Goldpreis von Anfang 1980 als Basis und passt diesen mit der US-Preisentwicklung an, liegt der „inflationsfaire“ Goldpreis mit aktuell 2.330 US-Dollar je Unze weit über dem gegenwärtigen Preis. Theoretisch verleiht das hohes Nachholpotenzial.

Gold und Silber als Absicherung gegen politische und wirtschaftliche Unsicherheiten

Siehe unter: https://blog.proneutralis.de/2021/06/18/gold-silber-als-absicherung-gegen-politische-und-wirtschaftliche-unsicherheiten/

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