Von Tobias Kaiser – Korrespondent in Brüssel

Die EU-Kommission lässt ein zentrales Vermögensregister für alle EU-Bürger prüfen. Der Besitz von Immobilien, Gold oder Bitcoins könnte damit abrufbar sein. Kritiker sprechen „von einer Beziehung von Staat und Bürger, die wir eher von China kennen“.

Überlegungen der Europäischen Kommission für ein EU-weites Vermögensregister stoßen bei Abgeordneten des Europäischen Parlaments auf Kritik. „Die Europäische Kommission schießt mit ihren Überlegungen für ein europaweites Vermögensregister mal wieder vollkommen über das Ziel hinaus“, sagt etwa der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber, der die christdemokratische EVP-Fraktion im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments vertritt.

In einem am Dienstag verschickten Brief fordert der Politiker denn auch die für Finanzmarktfragen zuständige Kommissarin Mairead McGuiness auf, die Bemühungen in der Sache einzustellen, bis über das Vorhaben öffentlich diskutiert worden ist. Der Brief liegt WELT vor. „Für mich sind die in der Ausschreibung skizzierten Pläne völlig unverhältnismäßig und ähneln einer Beziehung von Staat und Bürger, die wir eher von China kennen als von den EU-Mitgliedstaaten“, heißt es darin.

Kritik kommt auch von der FDP: Geldwäsche müsse konsequent bekämpft werden, auch indem die EU-Mitgliedstaaten enger zusammenarbeiten, sagt der Europaabgeordnete Moritz Körner. Dabei dürfe die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen aber nicht vergessen werden. „Eine staatliche Überwachungsinventur, welche Bilder Bürger in ihrer Wohnung hängen haben oder welche Wertgegenstände in den Kellern lagern, geht ganz sicher zu weit. Die Kriminalitätsbekämpfung rechtfertigt nicht die Schaffung des gläsernen EU-Bürgers.“

Die EU-Kommission hat das Vorhaben hingegen gegen Kritik verteidigt. Ein Sprecher der Kommission sagte, dass noch kein solches Register tatsächlich in Planung sei. Es würden nur Möglichkeiten ausgelotet. Die Brüsseler Behörde hatte Mitte Juli, direkt vor der Sommerpause, eine entsprechende Machbarkeitsstudie ausgeschrieben.

In der Studie sollten Möglichkeiten ausgelotet werden, bestehende nationale Vermögensregister EU-weit zu verknüpfen, so dass Behörden grenzüberschreitend auf die entsprechenden Informationen zugreifen können. Solch ein Register soll mehr Transparenz im Kampf gegen Finanzkriminalität, Geldwäsche und Terrorfinanzierung herstellen.

Laut der Ausschreibung könnten unter anderem Grundbucheintragungen, Handelsregister oder Informationen über Stiftungen gebündelt werden. „Die Möglichkeit, Daten über das Eigentum an anderen Vermögenswerten wie Kryptowährungen, Kunstwerken, Immobilien und Gold in das Register aufzunehmen, ist ebenfalls zu berücksichtigen“, heißt es in dem offiziellen Ausschreibungstext.

Zwar soll es laut dem Ausschreibungstext darum gehen, bestehende nationale Register zu verknüpfen. Die anschließende mögliche politische Initiative könnte aber weit darüber hinaus gehen: Die Ersteller der Machbarkeitsstudie sollen laut der Ausschreibung auch prüfen, ob neue nationale Register eingeführt werden müssten, um den Datenaustausch auf EU-Ebene zu ermöglichen und sogar, welche IT-Voraussetzungen in den Mitgliedstaaten für neue nationale Register nötig sein könnten.