Seit rund einem Vierteljahr herrscht in Deutschland der Lockdown 2.0. Der Einzelhandel hat zum größten Teil geschlossen. Gastronomie und Kultur sind dicht. Viele Mitarbeiter arbeiten zu Hause statt im Büro. Das hat Folgen für eine weithin beliebte Anlageklasse: für die offenen Immobilienfonds. Für das geliebte Betongold könnte sich schon bald ein Unwetter zusammenbrauen.

Schon beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 zeichnete sich ab, dass sich etliche Gewerbetreibende schwertun, weiterhin die Miete für ihre Geschäfte zu zahlen. Diese Phase hielt rund sechs Wochen an. Nun, nach rund drei Monaten im Lockdown 2.0, sieht es für viele Hotels, Restaurants, Kulturstätten und große Teile des Einzelhandels noch düsterer aus. Zudem arbeiten zahllose Mitarbeiter im Home-office. Diese Entwicklung wird sich nach Covid-19 abgeschwächt fortsetzen. In der Folge sinkt die Nachfrage nach Büroflächen.

Millionen von Anlegern sind betroffen

Kein Wunder, dass viele Mieter mit den Eigentümern nun um Stundungen und Nachlässe feilschen und Mietverträge nachverhandeln wollen. Oft sind die Gebäude in der Hand von offenen Immobilienfonds. „Nicht nur die Immobilienunternehmen sind von der Pandemie betroffen, sondern auch Millionen von Anlegern, die Anteile an diesen Fonds halten“, erklärt Wolfgang Köbler von der KSW Vermögensverwaltung in Nürnberg. Immerhin steckten im September vergangenen Jahres 116 Milliarden Euro in offenen Immobilienfonds, wie der Fondsverband BVI mitteilt. Die BVI-Statistik zeigt zudem: In den zwei Jahren davor haben Anleger je rund zehn Milliarden neu in Hotels, Einkaufszentren und Büros gepumpt. Ähnlich sieht die Tendenz bei den Spezialfonds aus, die institutionellen Kunden vorbehalten sind.

Noch herrscht Ruhe unter den Investoren

Bislang verhielten sich die Anleger trotz Lockdown 2.0, Mietausfällen und drohendem Leerstand ruhig, wie Michael Thaler von der TOP Vermögen mit Hauptsitz in Starnberg beobachtet. „Von einem Run auf die Fonds wie nach der Finanzkrise 2008/2009 ist bislang nicht ansatzweise etwas zu spüren“, sagt der unabhängige Vermögensverwalter aus Bayern. Damals wollten die Investoren scharenweise ihr Geld aus den Produkten abziehen, was zur zeitweiligen Schließung von insgesamt 18 Immobilienfonds geführt hat. Zudem wurden die gesetzlichen Regelungen etwa zur Auszahlung verschärft. Die Fonds, deren Geld sprichwörtlich in den Immobilien steckt, gerieten fortan nicht mehr derart unter Druck.

Gutachter prüfen einmal im Quartal

Aufwachen dürften viele Anleger wohl mit den nächsten Gutachten zur Wertentwicklung der Fonds. Diese Gutachten werden einmal im Quartal publiziert. Sie dienen als Grundlage für den Kauf- und Rückgabepreis der Anteile. In den meisten Fällen sieht die Performance bislang aus wie mit dem Lineal gezogen. Beispiel Deka Immobilien Europa: Auf dem Vergleichsportal fondsweb.de, das auf Daten der Fondsgesellschaften zurückgreift, sieht man eine stetig steigende Kurve bei dem hierzulande größten Immo-Fonds. Demnach hat der Fonds in den vergangenen drei Jahren knapp zehn Prozent zugelegt. Nicht einmal im März 2020 während des Lockdowns 1.0 verlor er an Wert.

Börse zeichnet ein ganz anderes Bild

„Einen vollkommen anderen Eindruck bietet der Blick auf die Börse, wo Anleger die Fonds nicht mit der Fondsgesellschaft, sondern untereinander handeln“, sagt Wolfgang Köbler. In der Tat brach der Deka Immobilien Europa im März 2020 von 50 auf 43 Euro ein, was einem zeitweiligen Verlust von 14 Prozent entsprach. Aktuell notiert der Kurs auf dem Niveau vom Winter 2018. „Ein deutlicher Einbruch und eine Null-Rendite nach drei Jahren sprechen eine ganz andere Sprache als die Fondsprospekte“, bilanziert der unabhängige Vermögensverwalter. Beim Zweitplatzierten, dem Hausinvest von Commerz Real, und anderen Immobilienfonds sehen die Börsenkurven ähnlich aus.